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Breaking Bad – GAME OF THRONES: THE BELLS (S08E05)

Breaking Bad – GAME OF THRONES: THE BELLS (S08E05)

Simons GOT-Recaps

Der Tag der Abrechnung ist gekommen. In THE BELLS treffen die verbliebenen Streitkräfte der beiden Königinnen zum last war in King’s Landing aufeinander. Es ist das letzte Großereignis in der Serienerzählung. Ausstehende Rechnungen werden beglichen, lang erwartete Ziele erreicht, Schicksale besiegelt. Dany erobert King’s Landing und damit den Eisernen Thron. Cersei stirbt, begraben unter den Trümmern ihrer unglückseligen Herrschaft. Und die Brüder Clegane haben ihren Bowl. Doch hinterlässt THE BELLS weder Freude noch Zufriedenheit, nicht einmal ein grimmiges Gefühl von Genugtuung. Alles, was bleibt, ist das schale Gefühl von Asche. Tyrions Drohung an Cersei aus THE PRINCE OF WINTERFELL erweist sich als schauerliche Weissagung: The day will come, when you think your safe and happy and your joy will turn to ashes in your mouth. And you‘ll know the debt is Paid.

Weltuntergangsstimmung in Westeros: In den Trümmern von King’s Landing findet Arya Stricklands Pferd. Eine biblische Szene, die Arya als Überlebende der Apokalypse, aber auch als Tod selbst inszeniert.

Benommen taumelt Arya durch die Ruinen der Stadt. Sie ist von Kopf bis Fuß mit Blut, Staub und Asche überzogen, wirkt mehr tot als lebendig. Ein Gespenst in einer Geisterstadt. Um sie herum liegen zerstörte Häuser und geschundene, verbrannte Leiber, verdreht in Schmerz, Leid und Todeskampf. Asche schneit vom Himmel und gibt dem grausigen Setting eine unwirkliche Atmosphäre. Aus dem Nichts erscheint ihr ein weißes Pferd, auf dem sie den Todesort verlässt. Die Szenerie wird nun biblisch: „Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der darauf saß, dessen Name war: der Tod, und die Hölle zog mit ihm einher“. Ein passender Verweis auf die Johannes-Offenbarung. King’s Landing wird zur Apokalypse, im wörtlichen Sinne, als das am Schrecken des Unterganges etwas offenbar wird. Bevor Arya Ground Zero verlässt, fällt ihr Blick auf die verkohlten Überreste einer Mutter mit ihrem Kind, die Arya vergeblich vor der Flammenhölle zu retten versuchte. Beide umarmen sich. Assoziationen zu Pompeij-Darstellungen, aber auch zu den Schreckensbildern von Hiroshima und Nagasaki werden hergestellt. Es ist die Bebilderung einer unerhörten Katastrophe, die eigentlich ein Sieg hätte sein sollen. Dany hat King’s Landing nicht erobert, sondern im Wahn vernichtet. Dies ist also der Grund, warum die White Walker bereits in der dritten Folge besiegt worden sind und die finale Konfrontation der beiden Königinnen für die fünfte Folge aufgespart wurde. Nicht, weil Cersei schlimmer ist als der Night King, sondern weil Danys Fall zur Mad Queen den wahren Schrecken darstellt, fürchterlicher noch als hunderttausend einfallende Eiszombies. Denn es ist keine magische Katastrophe, sondern eine menschliche, die hätte verhindert werden können. Die Apokalypse von King’s Landing, sie war ein Gemeinschafsprojekt.

Queen of Ashes

Alles beginnt in Dragonstone. Dany hat sich in den Kriegsraum mit dem Painted Table zurückgezogen und verweigert seit Tagen ihr Essen. Als Tyrion die Drachenkönigin aufsucht macht sie einen verwahrlosten Eindruck: zerzauste Haare, übermüdete Augen und dunkle Ringe um die Augen. Ihr Abstieg zur Mad Queen hat begonnen. Mit eisiger Gleichgültigkeit nimmt sie die Kunde über Varys‘ Verrat entgegen – der Eunuch hat Unternehmungen begonnen, die Drachenkönigin durch Jon Snow auszutauschen. Die Wahrheit über seine Herkunft verbreitet sich weiter. Für Dany beginnt der Verrat jedoch nicht erst bei Varys, oder gar bei Tyrion, der Varys in Jons Geheimnis einweihte, sondern bei Jon selbst, der seinen Mund einfach nicht halten konnte. Varys wird für seinen Verrat von Dany hingerichtet, doch zu spät. Misstrauen und Paranoia bestehen. Auch das Wiedersehen mit Jon sorgt für keine Abhilfe, sondern steigert nur ihre Angst. Er bekundet weiterhin seine Treue, doch entzieht er sich Danys Kuss. Er kann ihre Liebe nicht mehr erwidern – jedenfalls nicht auf die Art, wie sie es will. Alright then, Let it be fear, resümiert Dany. In ihrem Herzen bewegt sie die bitteren Worte von Lady Olenna aus DRAGONSTONE, dass eine gute Herrscherin nicht durch die Liebe, sondern durch die Furcht ihrer Untertanen regieren kann. Verraten, verschmäht und verlassen ist die Drachenmutter wieder auf sich gestellt. Sie kanalisiert ihre innere Targaryen-Stärke, wird ganz zum Drachen und gibt sich nun ihren dunkelsten Impulsen hin. Im Hintergrund lodert das Kaminfeuer in kräftigen Flammen.

Die Folge in Zahlen:

  • 10 Hauptfiguren
  • 2 Orte
  • 1 Erster Auftritt
  • 9 Letzte Auftritte

Feuer und Asche, sie sind das Leitmotiv der Folge. Es sind die hungrigen Flammen der Vergeltung, die in Dany und Grey Worm unaufhörlich steigen. Es ist der zwielichtige Kerzenschein, in dem Varys seinen Verrat durchführt und der gnadenlose Feueratem der Drachen, der ihn dafür richtet. Es ist das unruhige, schwache Flackern, in dem sich Tyrion und Jaime ein letztes Mal sehen. Der Kingslayer wurde auf seinem Weg nach King’s Landing von Danys Truppen gefangen genommen. Tyrion verrät seine Königin und befreit seinen Bruder. Jaime soll mit Cersei fliehen, ein neues Leben beginnen und das nahende Blutbad verhindern. Schließlich ist es das übermächtige Drachenfeuer selbst, mit dem Dany bei der finalen Schlacht kurzen Prozess aus der Iron Fleet, Qyburns Ballisten und der Golden Company macht. Die geflügelte Massenvernichtungswaffe entscheidet quasi im Alleingang die Belagerung von King’s Landing. Jon und Grey Worm stürmen mit ihrer Armee die gesprengten Tore der Stadt. Entmutigt lassen die Lannistersoldaten die Schwerter fallen; die Glocken der Stadt werden zur Kapitulation geläutet. Sieg! Der Krieg ist vorbei. Majestätisch lässt sich Dany mit Drogon auf einem Gebäude nieder, ihre Augen auf den Red Keep gerichtet. Die Schlacht von King’s Landing ist vorüber. Doch lodert in Dany weiterhin das unstillbare Feuer. Für sie ist es noch nicht vorbei. Nicht jetzt. Nicht so. Im Taumel aus Rache, Zerstörungswut und unbändiger Macht hebt Dany wieder ab und versenkt die komplette Stadt buchstäblich in Schutt und Asche. Das Massaker von King’s Landing beginnt. Drogons Feuer versengt Soldaten wie Zivilisten, Freunde wie Feinde. Burn them all! Die letzten Amphoren mit Wildfire, die der Mad King einst in der gesamten Stadt verteilen ließ, gehen hoch, ausgelöst durch das Drachenfeuer. Dany erfüllt den letzten Willen ihres Vaters, King’s Landing geht in gelben und grünen Flammen unter. Sie hat ihren Weg zur Mad Queen vollendet. Burn them all!

Wendepunkt ohne Wende

Dracarys: Dany erfüllt Missandeis letzten Wunsch und lässt Feuer über King’s Landing regnen.

Der Moment, wenn Dany sich dazu entscheidet, King’s Landing zu vernichten, ist als der große Wendepunkt der Folge, wenn nicht der Staffel oder gar Serie in Szene gesetzt. Doch will er nicht richtig funktionieren, denn es fehlt ihm an Tragik – oder besser: der Tragik an Fallhöhe. Benioff und Weiss waren die letzten beiden Staffeln zu sehr damit beschäftigt, Danys Wandel zur Mad Queen vorzubereiten und anzudeuten, dass sie vergessen haben, ihre gute Seite zu zeigen. Es fehlt das Gegengewicht zur badass Queen – was ist aus der großherzigen, umsichtigen, gerechten Dany geworden? Der Frau, die das Rad brechen wollte, statt es weiter drehen zu lassen? Sie verkümmerte zu einer bloßen Behauptung und blassen Erinnerung. Es haben die Szenen gefehlt, die Tyrion und Jon in ihrem Glauben an die Drachenmutter bestärkt und den Wandel umso schlimmer gemacht hätten. Ihre Entscheidung, die Stadt zu verbrennen, war kein ethisches Dilemma, sondern pure Folgerichtigkeit, die man durchaus hätte verhindern können. Ein Wendepunkt ohne Wende.

Orte der Folge

Am Ende von THE BELLS überzeugt nicht die Drachenmutter, sondern ausgerechnet Cersei durch einen letzten Anflug von Menschlichkeit. Bis zuletzt hat sie auf ihrem Balkon gestanden, den offensichtlichen Untergang verdrängend, und hoffte auf diesen einen goldenen Schuss, der den Drachen vom Himmel holen würde. Warum auch nicht? Im Finale von THE LONG NIGHT standen die Chancen für die Helden noch schlechter, und am Ende wurde doch alles gut und der Feind gegen jede Wahrscheinlichkeit bezwungen. Nicht hier. Cersei hat nicht das Glück der Helden. Geschlagen zieht sie sich zurück, das eigene Schicksal langsam verarbeitend. Über den Trümmern ihrer Weltkarte vereint sie sich ein letztes Mal mit Jaime. Wieder einmal sind es die beiden gegen den Rest der Welt Ein letzter Moment der Hoffnung kommt auf: Können sie gemeinsam fliehen durch den Geheimgang in den Katakomben, die Tyrion ihnen verriet? An den Drachenschädeln entlang eilen sie zum letzten, noch möglichen Ausstieg aus der Katastrophe – und finden ihn zugeschüttet. Um sie herum fallen Trümmer herab. Der Red Keep wird jede Sekunde über ihnen zusammenbrechen. Erst jetzt realisiert Cersei die Ausweglosigkeit, in die sie sich manövrierte. In the game of thrones, you win or you die, there is no middle ground, belehrte sie einen naiven Eddard Stark vor einer gefühlten Ewigkeit in YOU WIN OR YOU DIE. Jetzt, da ihre Stunde geschlagen hat, fällt die starke Fassade der unbezwingbaren Löwin, die sie über die Jahre aufgebaut hat. Sie beginnt zu weinen, zu flehen: I don’t want to die! Jaime nimmt seine Zwillingsschwester, seine Liebe, in den Arm, während die Welt über ihnen zusammenbricht. In all seiner Verkehrtheit ein Moment der Zärtlichkeit. Hier wiederholt sich wieder das Motiv der Umarmung. Eine rührende, verzweifelte Geste angesichts der nahenden Katastrophe. Ein letzter Trost in all dem Schrecken: Wenigstens sterbe ich nicht allein. Nothing else matters, sind Jaimes letzte Worte, die er schon in THE RED WOMAN zu Cersei sagte. Dany bleibt die Geborgenheit einer solchen Umarmung verwehrt. Es ist einer der Gründe, warum sie tut, was sie tut.

Am Ende aller Dinge finden Cersei und Jaime zusammen. Sie kamen gemeinsam in die Welt und verlassen sie auch gemeinsam. Trotz aller Bedenken kann man der Szene ihre Zärtlichkeit nicht absprechen.

Diese Art von tragischer Fallhöhe, die Cersei und auch Sandor durchmachen, fehlt Dany. Zudem ist es kein tragischer Fehler der Hauptfigur(en) im Sinne von Aristoteles‘ Dramentheorie, der zur Katastrophe führt, sondern eine nicht nachvollziehbare, da offensichtliche Fehleinschätzung. Besonders wird das bei Tyrion deutlich. Er führt den Untergang nicht durch ein fatales Missverständnis herbei, sondern durch schiere Dummheit. Das erzeugt weder Mitleid noch Bestürzung, sondern einfach nur Ärger. Natürlich ist es tragisch, wenn Tyrion für den Tod seines besten Freundes Varys verantwortlich ist. Aber wieso hat er Varys an Dany verraten? Konnte er ihm nicht die Chance zur Flucht ermöglichen – wie auch Varys einst sein eigenes Leben und seine Mission riskierte, um Tyrion das Leben zu retten? Und warum muss er dann seiner Königin doch in den Rücken fallen? Wieso glaubte er plötzlich so vehement an da Gute in Cersei? Warum musste er einfach immer daneben liegen?

Dank seiner ärgerlichen Unfähigkeit ist Danys Eroberungsfeldzug von Westeros zum worst case scenario geworden. Die größtmögliche Anzahl an Menschen kamen dabei ums Leben, aus keinem plausibleren Grund als dem purem Sadismus der Autoren. I will not be the queen of ashes, beteuerte Dany ihrem Kriegsrat in DRAGONSTONE noch zu Beginn der siebten Staffel. Damals lehnte sie den Vorschlag ihrer Verbündeten Yara Greyjoy, Ellaria Sand und Lady Olenna Tyrell ab, King’s Landing direkt anzugreifen und den Thron mit Drachengewalt zu erobern. Ein völlig problemloses Unterfangen. Schon in THE BELLS konnte die Drachenkönigin in wenigen Minuten unter weitaus schwierigen Voraussetzungen (weniger Drachen, mehr Feinde, Qyburns Luftabwehrsystem) die Schlacht ohne Weiteres für sich entscheiden. Wie viel einfacher wäre es ihr damals gefallen? Der Krieg wäre vorbei gewesen, noch bevor er beginnen konnte. Hätte sie also schon damals auf ihre Verbündeten statt auf Tyrion gehört, wären nicht nur die Martells, die Tyrells, Danys Drachen und Missandei noch am Leben, sondern auch weitaus mehr Zivilisten und Bewohner von King’s Landing. Tyrions Friedfertigkeit hat Dany in die Ecke getrieben, unzählige Menschenleben gekostet und am Ende gar nichts gebracht, da sich die Drachenkönigin gezwungen sah, das zutun, was sie eigentlich so kostspielig vermeiden wollte.

Hauptfiguren

  • Daenerys Targaryen
  • Jon Snow
  • Cersei Lannister
  • Jaime Lannister
  • Tyrion Lannister
  • Grey Worm
  • Davos Seaworth
  • Varys
  • Arya Stark
  • Sandor Clegane

Nebenfiguren

  • Euron Greyjoy
  • Gregor Clegane
  • Harry Strickland
  • Nora
  • Qyburn

Letzte Auftritte

  • Cersei Lannister
  • Jaime Lannister
  • Sandor Clegane
  • Varys
  • Euron Greyjoy
  • Gregor Clegane
  • Qyburn
  • Harry Strickland
  • Nora

Darin liegt die große Enttäuschung – alles wurde zu Asche, weil keiner der Hauptfiguren in den letzten beiden Staffeln auch nur einen einzigen cleveren Schachzug im Spiel der Throne unternommen hat. Nie würde Varys seinen Verrat so offen an Dany verüben – und nicht nur sein eigenes Leben und den Erfolg seiner Mission gefährden, sondern auch noch eine ohnehin momentan psychisch instabile Königin noch weiter Grund für Paranoia und Misstrauen liefern. Wieder einmal ist einfach alles zu plump gewesen, um wirklich glaubhaft zu sein. Aber vielleicht ist es auch genau das. Die Arroganz der Spieler, die sich für clever halten, aber aus einfachsten Emotionen heraus törichte Entscheidungen treffen und auf großen Tischen mit Landkarten und Figuren Krieg spielen, dabei aber Tausende in den Tod schicken.

Eine Serie verzehrt sich selbst

Let’s get Ready to Rumble! Sandor und Gregor Clegane treffen zum Cleganebowl aufeinander.

Ob nun glaub würdig oder nicht, Danys Wahnsinn schlägt auf ihre Truppen nieder. Grey Worm schleudert einen Speer auf einen waffenlosen Lannister, die Schlacht geht weiter. Überall herrscht Anarchie, Menschen werden zu Bestien und zerfleischen sich gegenseitig. Es gibt keine gute und böse Seite mehr im Kampf, sondern nur noch Gemetzel. Soldaten des Nordens ziehen mordend durch die Gassen und fallen über die Frauen und Kinder her. Angewidert von der Bestialität der eigenen Leute, ruft Jon zum Rückzug – nur die wenigsten hören noch auf ihn. Der Sieg ist längst erreicht, das Blutbad erfüllt nur noch einem grausigen Selbstzeck. Es ist, als ob die Brutalität der Serie nun endgültig mit sich durchbrennt. Es scheint, als wollten die Showrunner zum Schluss der Serie den Zuschauer von seiner morbiden Schaulust reinigen. Seit Beginn gehörten offen zur Schau gestellte Gewaltexzesse und auf Schock und gore angelegte Todesszenen zum Markenzeichen der HBO-Serie und formten ihre Seherfahrung. Die Welt von Westeros ist brutal und unmenschlich; jeder ist sterblich. Staffel über Staffel häufte die Serie unsagbare Greueltaten und bestrafte sie mit ebenso großer Grausamkeit: Sadist Joffrey erstickt elendig in den Armen seiner Mutter (THE LION AND THE ROSE); Ramsay wird von seinen eigenen Hunden zerfleischt (THE BATTLE OF THE BASTARDS), Lord Walder Frey und seine gesamte Familie werden für die schändliche Red Wedding erbarmungslos ausgelöscht (THE WINDS OF WINTER / DRAGONSTONE) – alles zu Freuden des Zuschauers, der einen mehr von seiner Todesliste streichen darf.

THE BELLS knüpft an diese Serientradition an und steigert die Gewaltspirale ins Extreme. Der mühsam geschürte Hass auf Cersei findet im Untergang von King’s Landing seine Erfüllung. Ihr Tod bringt jedoch keine Genugtuung; dem erbarmungslosen Gesicht von Dany stehen die Tränen der Lannister-Löwin gegenüber und jener letzter Moment der Menschlichkeit. Are you not entertained? Auch der langersehnte Kampf zwischen Sandor und Gregor Clegane hat nichts Befriedigendes. Eindrucksvoll vor der Endzeit-Kulisse der Stadt auf einer Treppe ins Nirgendwo in Szene gesetzt, bleibt der Cleganebowl ernüchternd. Sandor will seinen Bruder verletzen, doch zeigen die schweren Schwerthiebe nicht die gewünschte Wirkung. Selbst ein Messerstich durchs Auge scheint dem Zombie Mountain nichts anhaben zu können. Der schwer verwundete Sandor lacht verzweifelt; Gregor ist vollends zur gefühllosen Killermaschine geworden, die er schon immer war. Mit letzter Kraft stürzt er sich mit seinem Bruder durch das Fenster in die feurigen Abgründe der Stadt. Wieder eine Umarmung, diesmal aber aus Hass. Sandor stirbt mit Gregor Bruder im Feuer, das erst durch seinen monströsen Bruder zum Trauma wurde. Statt die Wunde zu heilen, die sein Leben kennzeichnet, wird sie nur erweitert. Brachial vermittelt Sandors Feuersturz die Botschaft: Rache ist eine Einbahnstraße, die nur ein Ende kennt. Obwohl es für Sandor zu spät ist, kann er diese Erkenntnis immerhin als letztes Geschenk an Arya weitergeben. Angesichts des einstürzenden Red Keeps kann er die Assassinin von ihrer verhängnisvollen und ab diesem Punkt sinnlosen Rachemission abbringen. Statt Cerseis Tod wählt Arya das eigene Überleben.

Deadliest woman on the cinder: Arya überlebt geradeso King’s Landing. Ob sie statt Cersei nun eine andere Mad Queen liquidieren wird?

Dies zählt zu den besseren Momenten der Folge. Arya die Killerin, die sich dem Gott des Todes, ihrem konstanten Wegbegleiter, verschrieben hatte, entscheidet sich, zu leben – im denkbar ungünstigsten Moment, als sie im Auge des Sturms von Tod und Zerstörung umgeben ist. Arya wird zur Leitfigur für den Zuschauer. Er fürchtet um ihr Leben und ist so emotional in den Untergang von King’s Landing involviert. Regisseur Sapochnik setzt alles daran, den Schrecken von Danys Meltdown aus der Bodenperspektive ihrer Opfer so eindrücklich wie möglich zu erzählen. Wie schon in THE SPOILS OF WAR oder BATTLE OF THE BASTARDS folgt die Kamera einer Person, die in langen, spektakulär choreographierten Einstellungen durch das chaotische Kampfgetümmel irrt – immer eine Haaresbreite vom sicheren Tod entfernt. Ähnlich wie in THE LONG NIGHT ist dies Arya, eine Figur, die einem sehr ans Herz gewachsen ist und deren Tod ein krasser Einschnitt gewesen wäre. Doch hat – brutaler Realismus in oder her – wieder einmal die göttliche Autorenhand eingegriffen und unsere Heldin vor dem Schlimmsten bewahrt. Eine verpasste Chance, mag man fast meinen. Immerhin wäre Aryas Tod nicht nur eine gelungene Provokation gewesen, sondern auch harter Einschnitt für Jon, sich wirklich gegen Dany zu stellen. Zwischen den beiden wird sich nämlich das große Endgame abspielen und bei aller Vorsehbarkeit mit Jon als rechtmäßigen König auf dem Thron enden (Hoffentlich nicht!). Anderseits hätte uns Aryas Tod einer weiteren starken Frauenfigur beraubt, derer es in der Serie immer weniger wird. Nicht unbedingt, weil sie das Zeitliche segnen, sondern eher, weil die Autoren nicht mehr viel Gescheites wissen, mit ihnen anzufangen.

Was macht man also aus THE BELLS? Zu krass? Zu schwach? Zu plump? Zu vorsehbar? Eines muss man der Folge lassen – sie bewegt die Gemüter. Dieses Gefühl der Enttäuschung, es kommt daher, dass die Serienschöpfer dem Zuschauer endlich das geben, wonach er schon seit vielen Staffeln sehnte – nur, um zu zeigen, dass es nicht das war, was er wirklich gebraucht hat. Joy turns to ashes. Dany erobert Westeros und wird zur Mad Queen. Cersei stirbt und nimmt Jaime mit in den Tod, der sich entschieden hat, mit seiner geliebten Schwester unterzugehen. Lang ersehnte Rache bringt doch keine Genugtuung, sondern nur Untergang. Vielleicht ist es auch ein Metakommentar auf das Serienende selbst: Wir ersehnen das große Finale und wollen doch nicht, dass es endet. Wir wollen überrascht werden und gleichzeitig bestätigt in unseren vielen, cleveren Theorien. Die Serie soll weiterhin konsequent in ihrem düsteren Realismus bleiben und doch ein gutes Ende nehmen. Kurz: Wir wollen enttäuscht werden. Also, denken sich Benioff und Weiss, drauf geschissen. Wenn wir schon nicht zufriedenstellend enden können, dann doch zumindest stimmungsvoll.

Alright then. Let it be fear.

Daenerys Targaryen

Andere Gedanken

  • Goodbye, friendly Spider: Es ist ein Jammer, dass Varys so krz vor der Zielgeraden doch das Zeitliche segnen muss. Ein weiterer, vielversprechender Charakter, der entgegen sämtlicher Motivation nur dem Mittel der Tragik und Zuspitzung von Handlung zum Opfer fällt. Wir haben zwar nur noch eine Folge, aber Conleth Hill wird uns darin schmerzlich fehlen. Wenn er schon kaum noch gutes Material in dieser Staffel bekommen hat, durfte er noch einmal einen seiner besten Dialogzeilen aus WHAT IS DEAD MAY NEVER DIE wiederholen: Power resides, where man believe it resides.
  • Gleiches gilt natürlich für Lena Headey und Nikolaj Coster-Waldau! Sie haben das Beste aus dem geholt, was die letzten Folgen für sie bereithielt, doch hätten sie noch großartigere Momente verdient. Insbesondere Cersei, deren zur zweidimensionalen Despotin reduzierten Rolle noch viel mehr Potenzial mit sich gebracht hätte. Und dass sie ausgerechnet am Muttertag stirbt (wo schon ihr Vater Tywin in THE CHILDREN am Father’s Day das Zeitliche segnete), ist wirklich ein böser Scherz der Autoren. Garantiert wurde das Datum der Ausstrahlung der letzten Staffel nur deswegen auf diesen Zeitraum gelegt.
  • Warum Jaime jetzt unbedingt vor seiner Wiedervereinigung mit Cersei diesen Liebesplot mit Brienne haben musste, erschließt sich auch nicht ganz. Ja, Jaime hat Brienne geliebt. Aber anders; es war eine tiefe Freundschaft, erfüllt von gegenseitigem Respekt und Anerkennung. Zwei Menschen, die sich in ihren dunkelsten Stunden gegenseitig zum Licht führten. Warum das durch eine platte, romantische Beziehung herabgesetzt werden musste, erschließt sich nicht (vor allem, weil Tormund das OFFENSICHTLICH bessere love interest für Brienne gewesen wäre). Jaimes und Briennes Liebe war besser als das.
  • Mit Sandors Cleganes Tod heißt es ebenfalls Goodbye für Rory McCann, der den Hound mit einer unvergleichlichen Präsenz und Wucht auf den Punkt brachte. Sein zynisches Knurren, sein lakonischer Witz, seine verletzlichen Knopfaugen werden fehlen. Immerhin hat Arya sich bei ihrem Entführer, Wegbegleiter, Lehrmeister und Freund bedankt. Es war mein emotionaler Höhepunkt der Folge!
  • Cleganebowl was savage. Was habe ich gebangt, als der Mountain seinem Bruder die Oberyn-Martell-Behandlung aus THE MOUNTAIN AND THE VIPER geben wollte und anfing, seine Augen einzudrücken. Not again! Gott sei Dank konnte das schlimmste verhindert werden.
  • Another king for you. Wen wir garantiert nicht vermissen werden: Euron Greyjoy! Man muss es Pilou Asbæk lassen, den selbstverliebten Piraten so gekonnt unsympathisch umgesetzt zu haben. Sein Kampf mit Jaime, nur um in der verlorenen Schlacht zumindest eine Legendentat vollbracht zu haben, war so sinnlos, wie es für Euron nur typisch ist. I am the man who kills Jaime Lannister, schwärmt er noch im Tode – Tja, du und mehrere Tonnen Red Keep.
  • Es war irgendwie auf seine Art rührend, wie loyal Qyburn bis zum Schluss zu seiner Königin gestanden hat und sich um sie sorgte. Dass er so unrühmlich das Ende durch seine eigene Kreation Ser Gregor fand, der ihn mit beiläufiger Geste an die Wand schmetterte, hat etwas Poetisches: Das Monster tötet Frankenstein.
  • Die unglückselige Frau, die Arya bei ihrem Überlebensspurt durch King’s Landing das Leben rettet, allerdings mit ihrer Tochter von Drogon verbrannt wird, hieß Nora.
  • Das weiße Pferd, auf dem Arya davonreitet, gehörte Harry Strickland, dem Captain der Golden Company, die durch Dany ein schnelles und trauriges Ende genommen hat.
  • Was ist eigentlich jetzt aus Cerseis Gefangenen geworden? Sollte Septa Unella und Ellaria Sand wider Erwarten tatsächlich ihre Folter überlebt haben, so sind sie jetzt unter den Trümmern des Red Keep begraben. Bitter.
  • Ach, wo wir gerade dabei sind: Was wurde eigentlich aus Edmure Tully? Verrottet der letzte Erbe von Haus Tully wirklich noch immer in den Kerkern der Twins, die von niemandem mehr bewacht werden, da Arya alle Freys getötet hat? Wirklich bitter ist, dass keine seiner Neffen und Nichten auch nur eine Sekunde daran verschwendet haben, an ihren armen Onkel zu denken. So geht das.
  • Wieder einmal hat die Iron Bank bewiesen, dass ihre Investitionen genauso Erfolgsgeschichten sind wie Tyrions Kriegspläne. Aber ernsthaft: So viel Geld, wie diese Bank in den Krieg von Westeros pumpte, und dann zielsicher an die falschen Leute, ist nicht mehr normal. Zum Ende des Geschäftsjahres werden Köpfe rollen und einige Vorstände wie Tycho Nestoris auf wertvolle Boni-Zahlungen verzichten müssen. Krieg ist der Horror!
  • Tyrion ist jetzt als letzter Lannister der rechtmäßige Erbe von Casterly Rock. Suck it, Tywin!
  • Auch diesesmal war Dragonstone leider nicht Teil des neuen Vorspanns, obwohl es neben King’s Landing der einzige Handlungsort der Folge war. Ob King’s Landing im letzten Vorspann ebenfalls so liebevoll verwüstet sein wird wie auch Winterfell?
  • Mit der Silhouette von Drogon über den Dächern von King’s Landing erfüllt sich jetzt die Vision von Bran, die er in THE LION AND THE ROSE als auch BLOOD OF MY BLOOD gesehen hat. Ob sich auch noch das Bild aus VALAR MORGHULIS erfüllen wird und wir Dany durch den zerstörten, verschneiten Thronsaal wandeln sehen?
  • Die Abspannmusik von THE BELLS war ein wunderbarer Abgesang auf die Lannisters, in dem die Melodie von Rains of Castamere über der Melodie von Light of the Seven aus THE WINDS O WINTER gespielt wurde. Serienkomponist Ramin Djawadi fährt zur letzten Staffel nochmal richtig zur Hochform auf!
  • Hat das Küchenmädchen, das Varys zu Beginn damit beauftragte, Dany zu vergiften, noch eine Bedeutung? Wem hat er eigentlich die Nachrichten geschickt?
  • Was hält die letzte Folge für uns bereit? Wird Tyrion noch die Konsequenzen seines Verrats zu spüren bekommen? Kann die Mad Queen durch eine Intervention ihrer Vertrauten noch einmal umgestimmt werden? Dany, listen, we need to talk. Wird Jon sie aufhalten? Oder haben wir am Ende tatsächlich einen weiteren tyrannischen Targaryen auf dem Thron sitzen? Steht das olle Ding denn überhaupt noch? Welche Fan-Theorien und Zuschauererwartungen werden als letztes gebrochen/enttäuscht/erfüllt?

Die aktuelle achte Staffel GAME OF THRONES ist in Deutschland exklusiv auf Sky zu sehen. Weitere Infos unter: www.sky.de.

© HBO

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